Forderung nach einer Reform der katholischen Kirche als Rückbesinnung auf viel Gutes und Lebendiges,

Forderung nach einer Reform der katholischen Kirche
als Rückbesinnung auf viel Gutes und Lebendiges,

was es in der katholischen Kirche bereits gegeben hat,
aber was leider in Vergessenheit geraten ist !

In seinem sehr lesenswerten Buch ‚Krypta‘, München, 2015, schreibt der Kirchenhistoriker Hubert Wolf zum Schluss unter der Überschrift ’Gefährliche Erinnerung‘, S. 199f.204f:

„In der Tradition und Geschichte der katholischen Kirche liegen zahlreiche Möglichkeiten bereit, die – kreativ angewendet – das Gesicht der Kirche entscheidend verändern könnten, ohne dadurch ihre Katholizität infrage zu stellen. Es lohnt sich, in die Krypta (Anm. d. R. = der Unterbau einer großen Kathedrale, hier übertragen gebraucht: Der geschichtliche Untergrund bzw. Hintergrund der gegenwärtigen Kirche) hinabzusteigen und nach ihnen zu suchen. Neben den hier beispielhaft aufgezeigten Reformideen (Anm. d. R.: Der Bischof, von allen gewählt / Bischöfinnen. Frauen mit Vollmacht / Das Domkapitel. Kontrollorgan und Senat des Bischofs / Der Papst. Kollege und nicht gegen Fehler gefeit / Die Kardinäle. Gegengewicht zur päpstlichen Macht / Die Gemeinden. Primat der kleineren Einheit./ Die Laien. Keine unmündigen Schafe….) sind jedoch zahlreiche weitere Themen in der gegenwärtigen Diskussion präsent. Genannt seien verheiratete Priester und Bischöfe in der alten Kirche und den unierten katholischen Kirchen unserer Tage, Diakoninnen in der frühen Kirche oder das Prinzip der Barmherzigkeit im Umgang mit Geschiedenen.…
Der katholische Traditionsstrom war nie auf ein enges, unabänderliches Flussbett beschränkt, sondern floss immer wieder in neue Richtungen, änderte seine Geschwindigkeit und verästelte sich…
Es widerspräche dem Wesen des Katholischen, den mächtigen Strom in ein enges, reguliertes Bett zu zwingen und alle anderen Verläufe für falsch zu erklären. Verengungen stören den Fluss und führen früher oder später zu Katastrophen…

Es kam im Gefolge des Ersten Vatikanischen Konzils zu einer weitgehenden Selbstmarginalisierung des Faches ( Anm. d. R.: der Kirchengeschichte). In aktuelle Debatten mischten sich Kirchenhistoriker in der Regel nicht ein, heiße Eisen fassten sie nicht an, Reformthemen wichen sie geradezu ängstlich aus…
Die Kirchenhistoriker versuchten alles, um aus dem Wetterwinkel des römischen Lehramtes herauszukommen, was ihnen auch weitgehend gelang…
Deshalb spielt die Kirchengeschichte für die theologische Erkenntnis kaum eine Rolle, allen formelhaften Beschwörungen der Bedeutung der Geschichtlichkeit für Theologie und Kirche zum Trotz. Und wenn dieser Tage – insbesondere in den Medien – überhaupt über eine Reform der katholischen Kirche diskutiert wird, dann meist in der nichthistorischen Perspektive: Es werden grundsätzliche Neurungen im Sinne der reformatio in melius gefordert, keine Reformen hingegen im Sinne der reformatio in pristinum, auf der Basis von Reformideen, die in der Geschichte der Kirche bereitliegen“.

 

 

 

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