Archive for Februar, 2013

MÜNCHNER KREIS

EIN ZUSAMMENSCHLUSS VON PRIESTERN UND DIAKONEN
IN DER ERZDIÖZESE MÜNCHEN UND FREISING

Offener Brief an die deutschen Kardinäle.

Sehr geehrter Herr Kardinal,

Sie werden sich in wenigen Tagen nach Rom begeben, um sich auf die Wahl des neuen Papstes vorzubereiten. Im Konklave werden Sie zusammen mit dem gesamten wahlberechtigten Kardinalskollegium eine Entscheidung treffen, die für unsere Kirche von ganz erheblicher Bedeutung sein wird. Angesichts vieler Fragen, die in den vergangenen Jahren nicht beantwortet geschweige denn gelöst wurden, haben wir ernste Sorgen um die Zukunft unserer Kirche. Dabei zeigt sich, dass trotz starker Zuwächse in vielen Ländern nicht nur im „alten Europa“ Fragestellungen auftreten, die die Kirche nicht mehr unberücksichtigt lassen darf, wenn sie einen hilfreichen Dienst für die Welt leisten und sich selber dabei stärken und entfalten will.

Ein neuer Papst hat die dringliche Aufgabe, (sofort) einen tiefgreifenden Wandel anzustoßen, der das Bild der Kirche Jesu Christi wieder überzeugender und glaubwürdiger machen kann. Darum bitten wir Sie, darauf zu achten, dass Ihr Kandidat in der Lage ist, statt statisch die Verhältnisse zu stabilisieren, einen dynamischen Entwicklungsprozess in verschiedenen Bereichen der Kirche anzustoßen und die Gläubigen dafür zu begeistern. Er sollte ein Papst für alle sein, und nicht nur Anwalt für einen sehr begrenzten Teil unserer Gott sei Dank vielgestaltigen und weltumspannenden Kirche. Nur so kann echte Versöhnung geschehen, die es dringendst braucht.

Mit einer solchen Grundhaltung verwirklicht der neue Papst jene Vision des 2. Vatikanischen Konzils vom Volk Gottes, das gemeinsam unterwegs ist.

– Um der Glaubwürdigkeit und der daraus erwachsenden Überzeugungskraft willen sollte der neue Papst zum Beispiel eine Nähe zu jener Initiative haben, die eine große Zahl von Bischöfen während des 2. Vatikanischen Konzils unter dem Namen „Katakombenpakt“ vereinbart hatten; das würde u.a. einen Verzicht auf die Insignien seiner Macht bedeuten, den äußeren Prunk seiner „Hofhaltung“ sehr verändern und ein starkes Zeugnis für den „armen Jesus“ darstellen.

– Um einen gemeinsamen Entwicklungsprozess zu ermöglichen, braucht es die Gemeinschaft mit den Bischöfen und die Bereitschaft, im Vertrauen auf den Geist Jesu Christi den nationalen Bischofsgremien weit reichende Entscheidungsbefugnisse zuzuerkennen.

– Als besonderes tragendes Element in der Entwicklung der Kirche muss der Papst um den „sensus fidelium“, den Glaubenssinn der Gläubigen wissen; dieses Fundament kirchlichen  Lebens speist sich aus dem gemeinsamen Glauben, dem Wort Gottes und den Sakramenten. Auf dieser Basis kann in unserer Kirche zum Beispiel ein neuer Zugang zum Dienstamt des  Priesters ermöglicht und vor allem auch den Frauen der Platz in der Kirche eröffnet werden, der ihnen zusteht, beispielsweise Diakoninnen, welche es in der frühen Kirche gegeben hat.

– Wichtig wird für die Zukunft der Kirche sein, dass die vatikanische Kurie viel mehr zu einer Diensteinrichtung wird, statt zu verwalten und vor allem zu kontrollieren. Eine transparente Behörde muss vor allem im geschwisterlichen Gespräch mit den Repräsentanten der kirchlichen Gemeinschaften den Glaubensschatz der unterschiedlichen Regionen der Welt füreinander fruchtbar machen und darf nicht Zensur und Disziplinierung als ihre Aufgabe sehen. Im Buch „Das Kapital“ unseres Erzbischofs Kardinal Dr. Reinhard Marx steht ein wahrer Satz: „Ein Kapitalismus ohne Menschlichkeit, Solidarität und Gerechtigkeit hat keine Moral und auch keine Zukunft“. Gilt dieser Satz nicht auch für die Kirche und Kirchenleitung: „Eine Kirche ohne Menschlichkeit, Solidariatät und Gerechtigkeit…“? Man sollte diesen Satz nur noch – im Blick auf die Kirche – durch das in der katholischen Soziallehre wichtige Wort ‚Subsidiarität‘ ergänzen.

– Das Amt des Papstes ist vor allem ein Dienst an der Einheit der Christen. Er muss als großes Ziel sehen, die Vielfalt christlichen Lebens (auch außerhalb der kirchlichen Grenzen) für die
gesamte Kirche fruchtbar zu machen, was ihre Katholizität keineswegs schmälern würde, im Gegenteil. Dann wird er auch seinen Bischofskollegen zum Zeichen und Beispiel dafür, was jener Auftrag Jesu an Petrus bedeutet: du aber stärke deine Brüder und Schwestern.

– Auch der Ausstieg aus den in der Welt üblichen politischen Praktiken wird notwendig sein; „christliche Diplomatie“ wird besser von den gläubigen Menschen vor Ort als von einer
weit entfernten Zentrale gestaltet.

Sehr geehrter Herr Kardinal,

mit diesen Hinweisen wollen wir Sie ermuntern, bei dieser Papstwahl auch in Alternativen zu denken und entsprechend zu entscheiden. Dabei könnte es sein, dass das Wahlgremium vielleicht sogar einen Kandidaten außerhalb des Konklaves in den Blick nimmt.

Wir wünschen Ihnen für Ihre aktuell wichtigste Aufgabe kritische Gedanken, gläubigen Mut  und die reichen Gaben des Geistes Gottes und grüßen Sie herzlich

Die Priester und Diakone des „Münchner Kreis“

Sprechergruppe:
Albert Bauernfeind, Dekan u. Pfarrer
Walter Hofmeister, Diakon
Christoph Nobs, Pfarradministrator
Hans-Jörg Steichele, Pfarrer i.R.

München, 22.Februar 2013

Kontakt: muenchnerkreis@gmx.de, www.initiative-muenchner-kreis.de
vernetzt mit der Pfarrer-Initiative Deutschland: www.pfarrer-initiative.org
und der Gemeindeinitiative der Volkes Gottes:: www.gemeindeinitiative.org

 

Pressemeldung des ,Münchner Kreis’

Laien formieren Netzwerk ,gemeindeinitiative.org’

Die reformorientierten Kleriker des ,Münchner Kreis’ hatten auf Donnerstag, 7.2.2013, ihre „Laien”-Unterstützer eingeladen. Etwa 150 sind in die Münchner Hochschule für Philosophie gekommen. Konkretes Ergebnis: eine virtuelle Vernetzung in ,www.gemeindeinitiative.org’, bereits Online.

Mit dem Netzwerk ,gemeindeinitiative.org’ haben die engagierten Katholiken ihre Vereinzelung überwunden. Sie stimmen die gelebte Praxis miteinander ab, führen Klärungen durch und gehen Wege in die Zukunft.

Der seit 50 Jahren beschrittene „Gang durch die Instanzen” hat sich als wenig hilfreich erwiesen. Die meisten engagierten Katholiken haben keine Lust mehr, sich an der kirchlichen Hierarchie einzuarbeiten. „Wir haben genug geredet  es ist jetzt Zeit, einfach das zu tun, wofür wir einstehen”, so das Votum eines Teilnehmers. Die mündig gewordenen Getauften fragen nicht mehr um Erlaubnis fürs Denken und Reden, sondern sie handein. Sie tun einfach das, was sie vom Evangelium verstanden haben. Sie werden selber handlungsleitendes „Subjekt” in der Kirche. Hierfür vernetzen sie sich, tauschen sich aus, geben sich praktische Tips,
bringen ihre Anliegen seibstständig voran.

Der „Münchner Kreis”, der sich ais dìözesanes Netzwerk reformorientìerter Priester und Diankone versteht, hat mit ,www.gemeìndeinitiative.org’ nun ein Geschwister bekommen: ein diözesanes Netzwerk reformorientierter Laien.

 

Presseerklärung des Vernetzungstreffens

Presseerklärung des Vernetzungstreffens der deutschsprachigen Pfarrer- und Pfarreiinitiativen am 25.01.2013 in Heilig-Geist, München

–         Wir stehen ein für ein ehrliches Wahrnehmen der Lebenssituationen der Menschen und für die Glaubwürdigkeit kirchlicher Praxis. Deshalb benennen wir, was wir tun, auch wenn es im Widerspruch zu derzeitigen kirchenamtlichen Weisungen steht.

–         Die Lebendigkeit der Gemeinden vor Ort ist für uns ein großer Wert. Deshalb sind wir gegen die Schaffung großer pastoraler Räume als Antwort auf den sogenannten Priestermangel. Wir setzen uns für andere Formen von Kirchesein im Lebensraum der Menschen ein. Die Vielfalt der Charismen muss zur Geltung kommen unabhängig von Stand, Geschlecht und sexueller Orientierung. Oberstes Ziel  ist eine menschennahe Seelsorge im Geiste Jesu.

–         Wir sind gegen die derzeitigen absolutistischen Strukturen in unserer Kirche und setzen uns für Bürgerrechte und Transparenz in der Kirche ein. („Ihr seid Mitbürger der Heiligen und Hausgenossen Gottes“, Eph 2,19)

Deshalb haben wir uns im deutschsprachigen Raum und international vernetzt, weil die Situation in der Kirche und in der Gesellschaft uns dazu drängt. Wir fordern die Bischöfe auf, sich im Sinne der Reformanliegen ebenfalls zu vernetzen.