Archive for November, 2015

Auszug aus der Ansprache von Papst Franziskus am Ende der Familiensynode in Rom (24.10.2015)

heilung

“Heilung des Aussätzigen“ aus dem Echternacher Evangeliar

ein wahrhaft starkes Wort!

Der Papst sagte (Anm. d. Redaktion:  Die Worte des Papstes sind zum Teil fett gedruckt, um der einfacheren Lesbarkeit willen. Im Original sind sie nicht fett gedruckt.)

„Während ich die Arbeiten der Synode verfolgte, habe ich mich gefragt: Was bedeutet es für die Kirche, diese der Familie gewidmete Synode abzuschließen?

Selbstverständlich bedeutet es nicht, dass alle mit der Familie zusammenhängenden Themen zum Abschluss gebracht worden sind…

Es bedeutet, die Stimme der Familien und der Hirten der Kirche, die nach Rom gekommen waren,… gehört und zu Gehör gebracht zu haben

Es bedeutet, allen bezeugt zu haben, dass das Evangelium für die Kirche eine lebendige Quelle ewiger Neuheit bleibt, – ein Zeugnis gegen die, welche es ’indoktrinieren‘ und zu toten Steinen machen wollen, mit denen man die anderen bewerfen kann.

Es bedeutet auch, die verschlossenen Herzen entblößt zu haben, die sich oft sogar hinter den Lehren der Kirche oder hinter den guten Absichten verstecken , um sich auf den Stuhl des Mose zu setzen und – manchmal von oben herab und mit Oberflächlichkeit – über die schwierigen Fälle und die verletzten Familien zu richten.
Es bedeutet bekräftigt zu haben, dass die Kirche eine Kirche der ‚Armen vor Gott‘ und der Sünder auf der Suche nach Vergebung ist und nicht nur eine der Gerechten und der Heiligen – ja, eine Kirche der Gerechten und der Heiligen, wenn diese sich als Arme und als Sünder fühlen.

Es bedeutet versucht zu haben, die Horizonte zu lichten, … um die Freiheit der Kinder

Gottes zu verteidigen und zu verbreiten, um die Schönheit der christlichen Neuheit zu übermitteln, die manchmal vom Rost einer archaischen oder einfach unverständlichen Sprache überdeckt ist.

Auf dem Weg dieser Synode haben die verschiedenen Meinungen, die frei – und leider manchmal mit nicht gänzlich wohlwollenden Methoden – ausgedrückt wurden, zweifellos den Dialog bereichert…..und so ein lebendiges Bild einer Kirche dargeboten, die keine ‚vorgefassten Formulare‘ verwendet, sondern aus der … Quelle ihres Glaubens lebendiges Wasser schöpft, um den Durst der vertrockneten Herzen zu stillen.

Und – jenseits der vom Lehramt der Kirche genau definierten dogmatischen Fragen – haben wir auch gesehen, dass das, was einem Bischof eines Kontinentes als normal erschien, sich für den Bischof eines anderen Kontinentes als seltsam, beinahe wie ein Skandal herausstellen kann – beinahe!….was für einige Gewissensfreiheit ist, kann für andere nur Verwirrung bedeuten. Tatsächlich sind die Kulturen untereinander sehr verschieden, und jeder allgemeine Grundsatz – wie ich sagte: die vom Lehramt der Kirche genau definierten dogmatischen Fragen – jeder allgemeine Grundsatz muss inkulturiert werden, wenn er beachtet und angewendet werden soll….

Und ohne der Gefahr des Relativismus zu erliegen oder auch jener, die anderen zu verteufeln, haben wir versucht, uns vollkommen und mutig der Güte und der Barmherzigkeit Gottes anzuschließen, die unsere menschlichen Kalküle übersteigt und nichts anderes will, als ‚dass   a l l e Menschen gerettet werden‘ ( 1 Tim 2,4)….

Liebe Mitbrüder, die Erfahrung der Synode hat und auch besser begreifen lassen, dass die wahren Verteidiger der Lehre nicht jene sind, die den Buchstaben verteidigen, sondern die, welche den Geist verteidigen; die nicht die Ideen, sondern den Menschen verteidigen; nicht die Formeln, sondern die Unentgeltlichkeit der Liebe Gottes und seiner Vergebung. Das bedeutet keineswegs, die Bedeutung der Formeln – sie sind notwendig – , der Gesetze und der göttlichen Gebote zu schmälern, sondern die Größe des wahren Gottes zu preisen, der an uns nicht nach unseren Verdiensten und auch nicht nach unseren Werken, sondern e i n z i g nach dem unbegrenzten Großmut seiner Barmherzigkeit handelt (vgl. Röm 3,21-30; Ps 130; Lk 11,37-54). Es bedeutet, die ständigen Versuchungen des älteren Bruders ( vgl. Lk 15,25-32) oder der eifersüchtigen Arbeiter (vgl. Mt 20,1-16) zu überwinden. Es bedeutet, die Gesetze und die Gebote, die für den Menschen geschaffen sind und nicht umgekehrt (vgl. Mk 2,27), noch mehr zur Geltung zu bringen“…

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Aus dieser Rede spricht wirklich der Originalton des Evangeliums, der Originalton Jesu, sowohl in seiner Barmherzigkeit wie auch in seiner Klarheit gegenüber seinen Gegnern. – ganz gemäß dem Namenspatron von Papst Franziskus, dem Franz von Assisi, der nur das eine wollte: „secundum formam evangelii zu leben“.

Und trotzdem ist diese Rede nicht naiv einseitig, sondern hält durchaus einer differenzierten Betrachtungsweise stand.

Sie spricht – ganz aufgrund der Erfahrung einer globalen Kirche – von der Ungleichzeitigkeit und Ungleichheit der Kulturen und von der Notwendigkeit, das Evangelium jeweils zu inkulturieren.

Sie spricht von der bleibenden Spannung zwischen Gesetz und Evangelium .

Aber es wird klar gestellt, worauf das ‚Achtergewicht‘ liegt und liegen muss:

Das ist Gott selbst,dessen Herz größer ist als unser Herz (vgl. 1 Joh 3,20), der a l l e  retten will
(in diesem Zusammenhang zitiert der Papst 1 Tim 2,4 – die Stelle, an der kurz darauf in V. 6 ihrerseits Jes 53,10-12 zitiert wird, wo vom „Lösegeld für die Vielen“ (vgl. Mk10, 45; Mk 14,24 par) die Rede ist , was in 1 Tim 2,6 richtig als „Lösegeld für a l l e “ interpretiert ist ), den wir nie einfach ‚haben‘, sondern zu dem wir immer erst unterwegs sind!

Deswegen passt es auch, dass der Papst an zwei wichtigen Stellen vom ‚versuchen‘ spricht und nicht schon vom ‚erreicht haben‘.

Die ganze Papstansprache finden sie hier auf den Seiten von Vatican.va

 

Selbstverpflichtungserklärung für Priester und Diakone

Selbstverpflichtungserklärung für Priester und Diakone

Das Anliegen des II. Vatikanums, das Volk Gottes als maßgebende Kraft in der
Kirche ernst zu nehmen, schlägt sich unseres Erachtens nur ungenügend im
kirchlichen Gesetzbuch nieder. Durch die aktuellen Veränderungen kirchlicher
Strukturen (Großraumpastoral) wird die Stellung des Volkes Gottes als Subjekt der
Pastoral noch weiter geschwächt. Deshalb schlagen wir folgende Selbstverpflichtung
für Priester vor und rufen dazu auf, diese zu unterschreiben:

1. Bevor ich eine neue Aufgabe übernehme, prüfe ich, ob ich ihr gewachsen bin.
Falls ich erkenne, dass ich sie nicht heilsam erfüllen kann, lehne ich sie ab.
Auch als Ruheständler bin ich nicht bereit, bei jedem Ruf als Lückenbüßer einzuspringen.

2. Wenn ich eine neue Aufgabe anpacke, nehme ich die Menschen dort und ihre bisherigen Gepflogenheiten ernst. Ich höre hin und entwickle gemeinsam mit ihnen, wie wir unsere Sendung verwirklichen.

3. Mein pastorales Handeln ist transparent und kommunikativ.

4. Ich informiere mich über pastorale Initiativen anderswo (Deutschland, Weltkirche), um meine eigene Sicht zu erweitern. An diesen Informationen lasse ich diejenigen teilhaben, die mit mir arbeiten und leben.

5. Bei Besprechungen höre und spreche ich so, dass die anderen ermutigt werden, ihre Meinung frei zu sagen.

6. Bei Entscheidungsfindungsprozessen beziehe ich die Betroffenen mit ein, auch da, wo ich von Rechts wegen nicht dazu verpflichtet bin.

7. Als Pfarrer verzichte ich auf mein Veto-Recht im Pfarrgemeinderat.

Diese Selbstverpflichtung wurde auf der Studientagung „Rechte in der Kirche – oder
hat die Kirche immer Recht?“ in Retzbach bei Würzburg (2.-4. März 2015) verfasst
und vom Sprecherkreis der Pfarrer-Initiative Deutschland am 18. Mai 2015
überarbeitet.
Unterzeichnen Sie auf der Internetseite www.pfarrer-initiative.de !

Logo der PfarrerinitiativePfarrer-Initiative Deutschland
Sprecherkreis: Pfarrer Christian Ammersbach, Diözese Würzburg
Pfarrer Karl Feser, Diözese Würzburg
Pfarrer i.R. Wolfgang Gramer, Diözese Rottenburg-Stuttgart
Pfarrer Georg Lichtenberger, Erdiözese Freiburg
Pfarrer Ulrich Skobowsky, Diözese Rottenburg-Stuttgart
Pfarrer i.R. Max Stetter, Augsburg
Pfarrer-Initiative Deutschland
Internetseite: www.pfarrer-initiative.de
E-Mail-Kontakt: info@pfarrer-initiative.de
Zusammenschluss reformorientierter Priester und Diakone

 

Betr.: Verwaltungsgerichte auf ortskirchlicher Ebene

Pfarrer-Initiative Deutschland

Zusammenschluss reformorientierter Priester und Diakone

11. August 2015

Betr.: Verwaltungsgerichte auf ortskirchlicher Ebene

Sehr geehrter Herr Kardinal Marx,
im März dieses Jahres veranstalteten wir in Zusammenarbeit mit der Diözese Würzburg eine
Tagung zum Thema „Rechte in der Kirche – oder hat die Kirche immer recht?“. Deutlich
wurde uns die Bedeutung des kanonischen Rechts für die Regulierung und Begrenzung von
Machtausübung durch Amtsträger in unserer Kirche. Denn wo immer Menschen Macht
ausüben, besteht die Gefahr des Irrtums und des Missbrauchs. Von besonderer Wichtigkeit
sind hierbei unabhängige Gerichte – nicht nur im Staat, sondern auch in unserer Kirche. Was
der Kirche in Ergänzung zu bereits vorhandenen Gerichten fehlt, sind Verwaltungsgerichte
auf ortskirchlicher Ebene. Bislang kann eine Entscheidung eines Ortsordinarius nur durch
einen hierarchischen Rekurs überprüft werden. Doch schon aus Kapazitätsgründen sind die
zuständigen Organe der Kurie in Rom selten in der Lage, zeitnah sachgerechte Urteile zu
fällen. Eine Verwaltungsgerichtsbarkeit auf ortskirchlicher bzw. nationaler Ebene könnte
diese Aufgabe nicht nur schneller, sondern durch die größere Kenntnis der Situation und
Nähe zu den Beteiligten auch besser erfüllen. Dies wäre vermutlich auch im Sinne von Papst
Franziskus, die Ortskirchen zu stärken und die römische Kurie zu verschlanken.
Vor allem aber würde eine Verwaltungsgerichtsbarkeit zur Rechtssicherheit in den
Bistümern beitragen und die Gefahr von Irrtum und Machtmissbrauch verringern. Auch
wenn die Römisch‐Katholische Kirche kein Staat ist, sollten selbstverständlich auch in ihr
rechtsstaatliche Mindeststandards gelten. Darüber hinaus könnte sie in diesem Bereich
auch Vorbild sein für Staaten, in denen keine unabhängigen Richter die Bürger vor
willkürlichen Entscheidungen durch die Machthaber schützen.
Die Schaffung von Verwaltungsgerichten würde von einem sensiblen Umgang mit Macht in
unserer Kirche zeugen und damit ihre Glaubwürdigkeit und Vertrauen in sie fördern. Denn
unser unverzichtbarer Einsatz für die Würde des Menschen wird umso wirksamer, je mehr
wir in unseren eigenen Reihen (Grund‐)Rechte achten und diese im Konfliktfall vor
unabhängigen Gerichten einklagen können.
Daher bitten wir Sie, sich mit Ihren Möglichkeiten stark zu machen für die Schaffung eines
kirchenrechtlichen Rahmens, innerhalb dessen die nationalen Bischofskonferenzen
Verwaltungsgerichte installieren können. Entsprechende Vorlagen und Entwürfe gab es ja
bereits bei der Zusammenstellung des CIC von 1983. Jetzt, unter dem Pontifikat von
Franziskus und nach dem Öffentlichwerden der zahlreichen Fälle von sexueller Gewalt durch
kirchliche Amtsträger und nach dem Machtmissbrauch durch den früheren Limburger
Bischof, ist unseres Erachtens der Zeitpunkt gekommen, diese bereits vieldiskutierte Idee
wieder aufzugreifen und im Zuge der Kurienreform den rechtlichen Rahmen für
Verwaltungsgerichte zu schaffen.

Für Ihren Einsatz für die Zukunft unserer Kirche wünschen wir Ihnen viel Kraft und Gottes
Segen!

Mit freundlichem Gruß,
Pfr. Max Stetter, im Namen des Sprecherkreises
Oblatterwallstr. 44 c, 86153 Augsburg