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Selbstverpflichtungserklärung für Priester und Diakone

Selbstverpflichtungserklärung für Priester und Diakone

Das Anliegen des II. Vatikanums, das Volk Gottes als maßgebende Kraft in der
Kirche ernst zu nehmen, schlägt sich unseres Erachtens nur ungenügend im
kirchlichen Gesetzbuch nieder. Durch die aktuellen Veränderungen kirchlicher
Strukturen (Großraumpastoral) wird die Stellung des Volkes Gottes als Subjekt der
Pastoral noch weiter geschwächt. Deshalb schlagen wir folgende Selbstverpflichtung
für Priester vor und rufen dazu auf, diese zu unterschreiben:

1. Bevor ich eine neue Aufgabe übernehme, prüfe ich, ob ich ihr gewachsen bin.
Falls ich erkenne, dass ich sie nicht heilsam erfüllen kann, lehne ich sie ab.
Auch als Ruheständler bin ich nicht bereit, bei jedem Ruf als Lückenbüßer einzuspringen.

2. Wenn ich eine neue Aufgabe anpacke, nehme ich die Menschen dort und ihre bisherigen Gepflogenheiten ernst. Ich höre hin und entwickle gemeinsam mit ihnen, wie wir unsere Sendung verwirklichen.

3. Mein pastorales Handeln ist transparent und kommunikativ.

4. Ich informiere mich über pastorale Initiativen anderswo (Deutschland, Weltkirche), um meine eigene Sicht zu erweitern. An diesen Informationen lasse ich diejenigen teilhaben, die mit mir arbeiten und leben.

5. Bei Besprechungen höre und spreche ich so, dass die anderen ermutigt werden, ihre Meinung frei zu sagen.

6. Bei Entscheidungsfindungsprozessen beziehe ich die Betroffenen mit ein, auch da, wo ich von Rechts wegen nicht dazu verpflichtet bin.

7. Als Pfarrer verzichte ich auf mein Veto-Recht im Pfarrgemeinderat.

Diese Selbstverpflichtung wurde auf der Studientagung „Rechte in der Kirche – oder
hat die Kirche immer Recht?“ in Retzbach bei Würzburg (2.-4. März 2015) verfasst
und vom Sprecherkreis der Pfarrer-Initiative Deutschland am 18. Mai 2015
überarbeitet.
Unterzeichnen Sie auf der Internetseite www.pfarrer-initiative.de !

Logo der PfarrerinitiativePfarrer-Initiative Deutschland
Sprecherkreis: Pfarrer Christian Ammersbach, Diözese Würzburg
Pfarrer Karl Feser, Diözese Würzburg
Pfarrer i.R. Wolfgang Gramer, Diözese Rottenburg-Stuttgart
Pfarrer Georg Lichtenberger, Erdiözese Freiburg
Pfarrer Ulrich Skobowsky, Diözese Rottenburg-Stuttgart
Pfarrer i.R. Max Stetter, Augsburg
Pfarrer-Initiative Deutschland
Internetseite: www.pfarrer-initiative.de
E-Mail-Kontakt: info@pfarrer-initiative.de
Zusammenschluss reformorientierter Priester und Diakone

 

Betr.: Verwaltungsgerichte auf ortskirchlicher Ebene

Pfarrer-Initiative Deutschland

Zusammenschluss reformorientierter Priester und Diakone

11. August 2015

Betr.: Verwaltungsgerichte auf ortskirchlicher Ebene

Sehr geehrter Herr Kardinal Marx,
im März dieses Jahres veranstalteten wir in Zusammenarbeit mit der Diözese Würzburg eine
Tagung zum Thema „Rechte in der Kirche – oder hat die Kirche immer recht?“. Deutlich
wurde uns die Bedeutung des kanonischen Rechts für die Regulierung und Begrenzung von
Machtausübung durch Amtsträger in unserer Kirche. Denn wo immer Menschen Macht
ausüben, besteht die Gefahr des Irrtums und des Missbrauchs. Von besonderer Wichtigkeit
sind hierbei unabhängige Gerichte – nicht nur im Staat, sondern auch in unserer Kirche. Was
der Kirche in Ergänzung zu bereits vorhandenen Gerichten fehlt, sind Verwaltungsgerichte
auf ortskirchlicher Ebene. Bislang kann eine Entscheidung eines Ortsordinarius nur durch
einen hierarchischen Rekurs überprüft werden. Doch schon aus Kapazitätsgründen sind die
zuständigen Organe der Kurie in Rom selten in der Lage, zeitnah sachgerechte Urteile zu
fällen. Eine Verwaltungsgerichtsbarkeit auf ortskirchlicher bzw. nationaler Ebene könnte
diese Aufgabe nicht nur schneller, sondern durch die größere Kenntnis der Situation und
Nähe zu den Beteiligten auch besser erfüllen. Dies wäre vermutlich auch im Sinne von Papst
Franziskus, die Ortskirchen zu stärken und die römische Kurie zu verschlanken.
Vor allem aber würde eine Verwaltungsgerichtsbarkeit zur Rechtssicherheit in den
Bistümern beitragen und die Gefahr von Irrtum und Machtmissbrauch verringern. Auch
wenn die Römisch‐Katholische Kirche kein Staat ist, sollten selbstverständlich auch in ihr
rechtsstaatliche Mindeststandards gelten. Darüber hinaus könnte sie in diesem Bereich
auch Vorbild sein für Staaten, in denen keine unabhängigen Richter die Bürger vor
willkürlichen Entscheidungen durch die Machthaber schützen.
Die Schaffung von Verwaltungsgerichten würde von einem sensiblen Umgang mit Macht in
unserer Kirche zeugen und damit ihre Glaubwürdigkeit und Vertrauen in sie fördern. Denn
unser unverzichtbarer Einsatz für die Würde des Menschen wird umso wirksamer, je mehr
wir in unseren eigenen Reihen (Grund‐)Rechte achten und diese im Konfliktfall vor
unabhängigen Gerichten einklagen können.
Daher bitten wir Sie, sich mit Ihren Möglichkeiten stark zu machen für die Schaffung eines
kirchenrechtlichen Rahmens, innerhalb dessen die nationalen Bischofskonferenzen
Verwaltungsgerichte installieren können. Entsprechende Vorlagen und Entwürfe gab es ja
bereits bei der Zusammenstellung des CIC von 1983. Jetzt, unter dem Pontifikat von
Franziskus und nach dem Öffentlichwerden der zahlreichen Fälle von sexueller Gewalt durch
kirchliche Amtsträger und nach dem Machtmissbrauch durch den früheren Limburger
Bischof, ist unseres Erachtens der Zeitpunkt gekommen, diese bereits vieldiskutierte Idee
wieder aufzugreifen und im Zuge der Kurienreform den rechtlichen Rahmen für
Verwaltungsgerichte zu schaffen.

Für Ihren Einsatz für die Zukunft unserer Kirche wünschen wir Ihnen viel Kraft und Gottes
Segen!

Mit freundlichem Gruß,
Pfr. Max Stetter, im Namen des Sprecherkreises
Oblatterwallstr. 44 c, 86153 Augsburg