Posts Tagged ‘Reform’

Offener Brief an Erzbischof Reinhard Kardinal Marx

Offener Brief an Erzbischof Reinhard Kardinal Marx

München, den 12.12.2023

 

Sehr geehrter Herr Erzbischof Kardinal Marx,

In einem Gespräch am 4. Mai 2021 hatte die Initiative Münchner Kreis zusammen mit anderen Reformgruppen aus unserem Erzbistum Ihnen eine Petition zur Weiterentwicklung kirchlicher Dienste überreicht. Damals haben Sie sich positiv zu den Vorschlägen unserer Petition geäußert. Sie wollten diese im Priesterrat einbringen und anschließend den Synodalen Weg in Deutschland abwarten, bis Sie für das Erzbistum München und Freising entscheiden, welche unserer Vorschläge Sie umsetzen würden.

Die Reaktion im Priesterrat zu unseren Vorschlägen war mehrheitlich positiv und die fünf Versammlungen des Synodalen Weges in Deutschland sind inzwischen abgeschlossen. Aber die von Ihnen zugesagten Entscheidungen zur Weiterentwicklung kirchlicher Dienste sind bisher nicht erfolgt.

Wie Sie und viele andere nehmen auch wir die starken Veränderungen in unserer Gesellschaft und Kirche sehr aufmerksam wahr. Im Kontakt mit den Menschen, die uns in unserer pastoralen Arbeit begegnen, wird überdeutlich, dass viele der über Jahre und Jahrzehnte eingespielten Formen seelsorglichen Wirkens einen Großteil der Gläubigen nicht mehr erreichen. Deshalb braucht es ein kirchliches Handeln, das den Anliegen und Nöten der Menschen von heute entspricht (vgl. Gaudium et spes). Dies ist umso notwendiger als sich durch die zu erwartenden Veränderungen und personellen Reduktionen im Rahmen des Personalplanes 2030 auch in unserer Erzdiözese die Situation ständig verschärft.

Damit stellen sich auch neue Fragen an das Amt bzw. an das Amtsverständnis der pastoral Handelnden. Die aktuelle Situation und der Blick in die Zukunft verlangen u.a., die Dienste in der Kirche neu zu bedenken und unsere personellen Ressourcen weiterzuentwickeln.

Alle Seelsorgenden sind in Taufe und Firmung zu König*innen, Prophet*innen und Priester*innen gesalbt, sind mit Charismen begabt und professionell ausgebildet. Dieses Potential wird jedoch häufig zu wenig genutzt, da in den Pfarrgemeinden bzw. -verbänden einzelne leitende Pfarrer trotz Überlastung und Überarbeitung Aufgaben nicht delegieren, die sie bereits jetzt delegieren könnten. Der Einsatz der Begabungen und Fähigkeiten aller pastoraler Mitarbeiter*innen darf nicht länger nur vom Wohlwollen des leitenden Pfarrers abhängen.

Deshalb rufen wir mit diesem Offenen Brief die Vorschläge unserer Petition aus dem Frühjahr 2021 mit großer Dringlichkeit in Erinnerung:

  • Alle pastoral Mitarbeitenden sollen Begräbnisfeiern leiten können.
  • Pastoral Mitarbeitende aller Seelsorgeberufsgruppen sollen überall regelmäßig in den Predigtdienst einbezogen werden, auch bei Eucharistiefeiern, wie es aufgrund guter Erfahrungen in vielen Gemeinden schon bisher selbstverständlich ist.
  • Pastoral Mitarbeitende aller Seelsorgeberufsgruppen sollen regelmäßig taufen können.
  • Pastoral Mitarbeitende aller Seelsorgeberufsgruppen sollen bei Eheschließungen assistieren können.
  • Wer katechetisch mit Kindern und Jugendlichen in der Erstkommunion- und Firmvorbereitung gewirkt hat, soll in den Festgottesdiensten zu Erstkommunion und Firmung eine angemessene liturgische Rolle einnehmen, die der Beziehung zu den Kindern bzw. Jugendlichen und zu den Ehrenamtlichen entspricht.

Sicher ist Ihnen bekannt, dass die römisch-katholische Kirche in der Schweiz bezüglich Taufbefugnis und Eheassistenz bereits wegweisend positive Erfahrungen gemacht hat und die pastoralen Mitarbeiter*innen für diese Dienste dauerhaft beauftragt. In Deutschland haben die Bistümer Essen, Osnabrück und Rottenburg-Stuttgart inzwischen Pastoral- und Gemeinde-referent*innen für die Taufe beauftragt.

Deswegen sehen wir auch Sie als Erzbischof und die gesamte Diözesanleitung in der Verantwortung, auf die veränderten Rahmenbedingungen durch neue Kompetenzzuschreibungen und Beauftragungen zu reagieren, und zwar unverzüglich. Dringend anstehende Reformen bedürfen zeitnaher Umsetzung und dürfen nicht nur angekündigt werden. Es gilt, die bereits gegebenen Möglichkeiten des Kirchenrechts zu nutzen und, wo notwendig, sich für dessen Veränderung einzusetzen. Denn kirchliche Strukturen sind so zu gestalten, dass sie den Menschen und ihrer Freude am Evangelium dienen.

Jetzt, zweieinhalb Jahre nach dem Gespräch, bei dem wir Ihnen die Petition übergeben haben, erwarten wir sehr zeitnah Ihre Antwort, wie Sie mit unseren Anregungen umgehen wollen. Denn wir sind aufgrund unserer aktuellen Erfahrungen noch mehr davon überzeugt, dass unsere Vorschläge eine not-wendige Antwort auf die „Zeichen der Zeit“ sind und ihre Umsetzung für die künftige pastorale Arbeit vor Ort entscheidend ist.

 

Mit besten Wünschen und geschwisterlichen Grüßen

Initiative Münchner Kreis

zusammen mit:

Cursillo, München und Freising                              OrdensFrauen für MenschenWürde

Gemeindeinitiative.org                                            Pfarrer-Initiative Deutschland

Initiative Sauerteig                                                   Priester im Dialog

Maria 2.0, München                                                 Wir sind Kirche, München und Freising


 

 

Wahl beim Münchner Kreis

Die neugewählten Sprecher des Münchner Kreises

Von links nach rechts: Willi Kuper, Ulrike Leininger, Wolfgang Baldes
Foto: Stefan Menzel

Die katholische Reform-Initiative „Münchner Kreis“ hat bei ihrem Treffen am 28. Oktober in St. Heinrich am Münchner Westpark gewählt:
Ulrike Leininger, Gemeindereferentin in Eichenau, wurde erneut Sprecherin; Wolfgang Baldes, Diakon im Ruhestand, trat die Nachfolge von Sprecherin Marion Ringler an; Willi Kuper, Diakon in Grünwald und bislang Sprecher, unterstützt Leininger und Baldes als Protokollant.

Erstmals seit über zwei Jahren und nach einigen Online-Konferenzen hatte sich der Münchner Kreis wieder in Präsenz getroffen. Dabei waren sich die Teilnehmenden einig, im Netzwerk der Münchner Reformgruppen wie „Wir sind Kirche“, „Maria 2.0“, „Gemeindeinitiative“, “Ordensfrauen für Menschenwürde” und mit reformorientierten kirchlichen Verbänden, der „Pfarrer-Initiative Deutschland“ und dem „Netzwerk Diakonat der Frau“ weiter aktiv zusammen zu wirken.

Zugleich will der Münchner Kreis kritisch in den Blick nehmen, wie Reformansätze des Synodalen Wegs in der Erzdiözese München und Freising umgesetzt werden. Ebenso ist der Pastoral- und Stellenplan 2030 der Münchner Erzdiözese im Fokus. Zur Kirchenreform und zu Strukturfragen wird es wie bisher Aktionen sowie öffentliche Eingaben und Forderungen an die Diözesanleitung geben.

Der 2012 gegründete Münchner Kreis war ursprünglich eine reformorientierte Initiative von Priestern und Diakonen in der Erzdiözese München und Freising, die sich später allen Berufsgruppen im kirchlichen Dienst geöffnet hat. Der Kreis hat rund 70 Mitglieder und rund 900 einzelne Unterstützer*innen. Er fordert vor allem, allen Geschlechtern den Zugang zu den Diensten und Ämtern in der katholischen Kirche zu ermöglichen und in diese Richtung konkrete erste Schritte zu tun.

 

Offener Brief des NETZWERKS FÜR EINE ZUKUNFTSFÄHIGE KATHOLISCHE KIRCHE

NETZWERK FÜR EINE ZUKUNFTSFÄHIGE KATHOLISCHE KIRCHE
ERZBISTUM MÜNCHEN UND FREISING

O F F E N E R    B R I E F                                                                                         München, 30. Juli 2021

Sehr geehrter Herr Kardinal Marx,

in Ihrem „Wort an die Gläubigen“ sind Sie erneut auf Ihr Rücktrittsgesuch an Papst Franziskus und die Situation der Kirche eingegangen. Das „Netzwerk für eine zukunftsfähige katholische Kirche“ begrüßt Ihre Bereitschaft für ein neues Ja zu Ihrem Auftrag als Bischof des Erzbistums München und Freising sowie Ihr Bekenntnis zu Reform und Erneuerung in und für die Kirche. Wir nehmen Sie beim Wort.

Bei der Übergabe der Petition für die Pastoralberufe am 4. Mai 2021 haben Sie die Vertretungen der in München, aber auch bundesweit tätigen Reformgruppen erneut kennen gelernt. Inzwischen arbeiten diese mit weiteren Organisationen zusammen, die für einen grundsätzlichen Wandel und Paradigmenwechsel in der katholischen Kirche eintreten.

In Ihrem Rücktrittsgesuch an Papst Franziskus schreiben Sie von einem gewissen „toten Punkt“, der aber auch, das ist Ihre österliche Hoffnung, zu einem „Wendepunkt“ werden kann. Diese Hoffnung teilen wir. Verbunden mit der Verantwortung für eine weltweit tief in der Krise steckende katholische Kirche trägt diese Hoffnung alle, die sich als Einzelne, in verschiedensten Bewegungen und Organisationen, in der Pastoral und Wissenschaft z. T. schon seit Jahrzehnten vehement für Reformen einsetzen. Nur so ist vielen Haupt- wie freiwilligen Ehrenamtlichen derzeit überhaupt noch ein Engagement möglich, in dem seit langem beschriebenen „Epochenwandel“ ihre Kompetenzen, ihre Ideen und ihre Konzepte zur Erneuerung der Kirche zu entwickeln und umzusetzen.

Nachdem Sie sich erneut zu Ihrem Auftrag in der Kirchenleitung bekannt haben, möchten wir Sie mit den Worten von Papst Franziskus ermutigen: „Man verlangt von uns eine Reform, die … nicht in Worten besteht, sondern in Verhaltensweisen, die den Mut haben, sich dieser Krise auszusetzen, die Realität anzunehmen, wohin auch immer das führen wird.“

Im Gottesvolk fehlt es nicht an Mut, auch nicht an Visionen, an Spiritualität, an Empathie für den Nächsten, an aufgeklärter Theologie und dem Gewissen verpflichteter Pastoral und Handeln. Jetzt braucht es auch den Mut von Amtsträgern und von allen Beschäftigten in der Kirche, die sich noch viel zu sehr in Abhängigkeiten befinden. Es braucht den Mut der Bischöfe, die nichts zu verlieren haben außer ihrem Amt – das Sie, wie Sie wissen ließen, auch künftig bereit sind, zur Disposition zu stellen. Das ist eine große Freiheit, aus der heraus Sie mit großem Engagement alle Hoffnungen und allen Glauben an eine grundlegende Reform der Kirche wahr machen können.

Noch vor der Sommerpause und in Vorbereitung auf eine „reiche Ernte“ im Herbst (u.a. Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz, zweite Vollversammlung des Synodalen Wegs und die seit langem erwartete Veröffentlichung des neuen Missbrauchsgutachtens für die Erzdiözese München und Freising) richten wir diesen Weckruf an Sie: Wann setzen Sie die konkreten Reformen in Kraft, die wir Ihnen in der Petition am 4. Mai 2021 übergeben haben und wie sie zum Teil schon in anderen Bistümern begonnen werden? Sehr gerne unterstützen wir Sie dabei, dass unser Erzbistum in offener Kommunikation mit allen Gremien und Engagierten zum „Reformbistum München-Freising“ wird bei der Entwicklung von zukunftsfähigen Modellen mit Führungsqualität und Selbstverantwortung. Dies haben wir zuletzt in drei  Treffen am 12., 22. und 27. Juli besprochen und geben Ihnen dazu unser Wort.

Stellvertretend für das Netzwerk für eine zukunftsfähige kath. Kirche im Erzbistum München und Freising:

Maria und Rudolph Berg

Dr. Edgar Büttner

Willi Kuper

Ulrike Leininger

Franziska Müller‐Härlin

Katrin Richthofer

Sr. Susanne Schneider MC

Hiltrud Schönheit

Renate Spannig

Christian Taufenbach

Paul‐G. Ulbrich

Christian Weisner

Druckversion des offenen Briefes