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Brief des Münchner Kreises an die deutschen Teilnehmer der Synode in Rom

Petersdom, Silhouette bei Sonnenuntergang
Foto: Dnalor_01, Quelle: Wikimedia commons, Lizenz: (CC-BY-SA 3.0)

Brief des Münchner Kreises an die deutschen Teilnehmer der Synode in Rom

München, den 2.9.2015

 

Sehr geehrter Herr Kardinal Dr. Reinhard Marx,
sehr geehrter Herr Erzbischof Dr. Heiner Koch,
sehr geehrter Herr Bischof Dr. Franz-Josef Bode,
sehr geehrtes Ehepaar Petra und Aloys Buch,

in wenigen Tagen beginnt die Synode in Rom, bei der Sie als Teilnehmer bzw. als Gasthörer/in dabei sein werden. Wir als ‚Münchner Kreis‘ möchten Ihnen nicht nur gute Erfahrungen und Begegnungen bei der Synode und einen geisterfüllten Verlauf der Versammlung wünschen, sondern wir möchten noch einmal kurz die Anliegen vortragen, die der Gemeinden, in denen wir arbeiten bzw. gearbeitet haben.

Natürlich sind die gegenwärtigen Fragen und Probleme heutiger Ehen und Familien ‚Legion‘ (s. Lineamenta für die XIV. Ordentliche Generalversammlung, 1. Teil). Allerdings gibt es in jeder Zeit und an jedem speziellen Ort Fragen, die besonders aktuell sind, und deren Beantwortung besonders dringend ansteht. Dabei geht es unseres Erachtens nicht darum, ob durch die Behandlung dieser Probleme die Kirchenaustrittszahlen bei uns mehr oder weniger werden – auch im Vergleich zur evangelischen Kirche -, sondern es geht darum , wie es Bischof Hämmerle von Aachen bereits 1993 kurz vor seinem Tod in einer Predigt prägnant formulierte: “Nicht die Statistik muss stimmen, sondern der Glaube muss stimmen, das Leben muss stimmen. Dann werden wir auch die Statistik verkraften…“ (aus seiner Predigt am 18. Jahrestag seiner Bischofsweihe am 7.11.1993). Und dass kirchlich gelehrter Glaube und das Leben heutiger Christen weit auseinanderklaffen, haben die Befragungen der Gläubigen im Vorfeld der Synoden 2014 und 2015 gezeigt. Kardinal Carlo Martini drückte es in seinem letzten Interview (erschienen in der Wochenzeitung ‚Christ und Welt‘ 37/2012) so aus: „Die Kirche ist 200 Jahre stehengeblieben. Warum bewegt sie sich nicht? Haben wir Angst?“
Die aktuellen Themen, die uns seit langem ‚auf den Nägeln brennen‘, sind die folgenden:
⇒ Geschieden-wiederverheiratete Paare sollen nicht grundsätzlich und auf immer vom Empfang der Hl. Kommunion ausgeschlossen sein, sondern auch für sie soll es die Möglichkeit einer neuen Chance geben, als wiederverheiratet- geschiedenes Paar – in Verantwortung füreinander und für etwaige Kinder aus dieser Beziehung – am vollen, auch sakramentalen Leben der Kirche teilzunehmen.
⇒ Gleichgeschlechtlichen Paaren sollte zumindest die Möglichkeit gegeben werden, sich als Paar von Gott in einem Gottesdienst segnen zu lassen, – um u.a. dadurch zum Ausdruck zu bringen, dass ihre sexuelle Orientierung nicht eo ipso Sünde ist, sondern ihr naturgegebenes Schicksal.
⇒ Da gerade die menschliche Liebe – auch in ihrem sexuellen Ausdruck – ein nicht einfacher, unendlicher Weg ist und in Etappen vor sich geht, ist vorehelicher Geschlechtsverkehr von der Kirche neu zu bewerten. Auch er kann durchaus zu einem verantwortungsvollen Weg auf einander zu dazugehören.
⇒ Die verantwortliche Entscheidung, mit welchen Verhütungsmitteln eine ungewollte Schwangerschaft vermieden oder die Ansteckung z.B. mit AIDS verhindert werden kann, soll in die Gewissensentscheidung der Paare gelegt werden, in Weiterentwicklung der Königsteiner Erklärung von 1968.

Diese Änderungen der kirchlichen Wertungen sollte nicht als ‚Anbiederung an die moderne Welt‘ diffamiert werden, sondern man sollte sie verstehen:
⇒ als Bekenntnis unseres Vertrauens auf und unseres Glaubens an einen nicht nur gerechten, sondern auch barmherzigen Gott und Vater Jesu Christi (s. z.B. Lk 6,31—36), der seinem Volk wie Einzelnen immer wieder eine neue Chance gibt, und als heutige Anwendung des weisheitlichen Ansatzes des Lebens und der Lehre Jesu, der die Schöpfung nicht nur als gefallene Schöpfung gesehen hat und sieht, sondern als Ausdruck der bejahenden Liebe Gottes;
⇒ als Ausdruck unserer Überzeugung, dass die Rede von einem absolut unveränderlichen ‚göttlichen Gesetz’ weder kirchengeschichtlich noch (im Hinblick auf das Neue Testament) exegetisch haltbar ist; und vor allem:
⇒als Wertschätzung einer Seelsorge in der Nachfolge Jesu, die im besten Sinne immer darin besteht, auf dem Wege zu sein – mit Gott und seinem Wort wie auch mit den Menschen und ihren Erfahrungen, auch mit ihrem ehrlichen Suchen, selbst mit ihrem Scheitern.

Diese Fragen stehen in unseren west-europäischen Ländern an. Sollten sie auch diesmal nicht ansatzweise gelöst werden, braucht sich niemand aufzuregen, wenn immer wieder dieselben Fragen unsere Beschäftigung mit den großen globalen Herausforderungen unserer Welt (Armut, Klimawandel, Kriege und Flüchtlingselend..) behindern werden. Probleme müssen da gelöst werden, wo sie entstehen. Und werden sie nicht angegangen, werden sie immer wieder im Vordergrund stehen, so „nebensächlich“ (ein Ausdruck von Kardinal George Pell; s. Münchner Kirchenzeitung MKZ vom 5.10.2014, S. 2)sie auch manchem kirchlichen Würdenträger erscheinen mögen.
Insgesamt möchten wir die in Rom versammelten Bischöfe bitten, gerade in den Fragen von Ehe, Familie und Geschlechtlichkeit nicht anderen Lasten auf die Schultern zu legen, die sie selbst nicht bereit sind zu tragen (vgl. die Rede Jesu gegen die Pharisäer: Mt 23,4) bzw. die sie selbst als zölibatär Lebende nicht tragen müssen.
Das Beste wäre unserer Auffassung nach natürlich, wenn die ‚gasthörenden‘ Eheleute stimmberechtigt wären, da sie ja die direkt Betroffenen sind. Es ist uns klar, dass das diesmal noch nicht so gehandhabt werden kann. Für künftige Synoden sollte das allerdings schon ins Auge gefasst werden. Dass ein verantwortungsvolles Miteinander von Bischöfen, Klerikern und Laien möglich ist, hat die Würzburger Synode (1971-1975) – unter der klugen, mutigen und engagierten Leitung von Kardinal Julius Döpfner – gezeigt.

Nochmals möchten wir Ihnen einen guten, geist-erfüllten Verlauf der Synode wünschen!
Mit herzlichen Grüßen, auch im Namen unseres ganzen Kreises, die vier Sprecher

Dr .Hans-Jörg Steichele Willi Kuper Stefan Schori Otto Wiegele
Pfarrer Diakon Diakon Pfarrer
 

Marco Politi: Franziskus unter Wölfen

 

Buchcover: Politi Franziskus unter Wölfen

 

 

Marco Politi: Franziskus unter Wölfen. Der Papst und seine Feinde
Lesung und Gespräch mit dem langjährigen Vatikankenner
Donnerstag, 10. September 2015
Ort: Aula der Hochschule für Philosophie
Veranstaltung von Wir sind Kirche im Erzbistum München und Freising, Konzil und Synode, Münchner Kreis, Gemeindeinitiative und  anderen

Die KirchenVolksbewegung Wir sind Kirche hat zusammen mit der Münchner Priesterinitiative, der Gemeinde-Initiative sowie „Konzil und Synode“, den Vaticanisti Marco Politi auf der Lesereise zu seinem neuen Buch „Franziskus unter Wölfen“ nach München geholt. Die Veranstaltung am Donnerstag, 10. September 2015, um 19 Uhr in der Aula der Hochschule für Philosophie, der „Jesuitenhochschule“ war mit 150 Teilnehmer-innen sehr gut besucht. Auch die Medien waren stark vertreten.

Politi hat die Päpste Wojtyla und Ratzinger in mehr als 80 Reisen um die Welt begleitet. Sein Interview mit Kardinal Joseph Ratzinger im November 2004, das den deutschen Kardinal als geheimen Papstkandidaten zeigte, fand international Widerhall. Das Buch „Benedikt-Krise eines Pontifikats” erschien in Deutschland im Jahr 2012. Februar 2013 erklärte Benedikt XVI. seinen Rücktritt. Keineswegs aus Altergründen, wie Politi betonte. Der Papst merkte selbst, dass er als oberster Krisenmanagers des weltweit größten Global Prayers gescheitert war. Der bayerische Dogmatikprofessor hätte niemals Bischof oder Papst einer Weltkirche werden dürfen.

Die Zuhörer wurden nicht enttäuscht. Politi klärte kenntnis- und faktenreich über die inner- und außer-kirchlichen Gegner und Feinde des gegenwärtigen Pontifex auf. Unter ihnen finden sich auch Kardinäle, etwa der US-Amerikaner Burke und die Deutschen Müller und Brandmüller. Die hochrangigen Traditionalisten geben sich nach außen besorgt. Sie wollen angeblich nur, dass der Papst keine Fehler begeht. In Wirklichkeit warten sie ab und hoffen auf das Scheitern des Reformers Franziskus nach dem Motto: „Die Päpste kommen und gehen, die Kurie bleibt.“ Müller will dem Papst Nachhilfeunterricht in Dogmatik erteilen, ihn „theologisch strukturieren“.

Politi zog Vergleiche mit Johannes XXIII. Er hält die Reformen für unumkehrbar, wenn es im kommenden Jahr gelingt, die Kurien zu dezentralisieren und in einen Dienstleister zu verwandeln. Die Chancen dafür stehen nicht so schlecht. Franziskus geht in kleinen Schritten vor. Er denkt und handelt prozesshaft. Als Jesuit hat er die offene Diskussion gelernt. Er geht ein kalkulierbares Risiko ein. Die Bischöfe sind unter den Vorgängern auf strikten Gehorsam und einlinige Treue gegenüber „Rom“ mit sakralen Eiden in den Punkten Sexuallehre und theologischer Pluralismus eingeschworen worden. Die meisten Diözesankurien vermeiden es im Vorfeld der Bischofssynode neue Positionen zu beziehen und den Papst mitsamt den Reformkräften kämpferisch zu unterstützen. Damit überlassen sie das öffentliche Spielfeld den reaktionären Kräften. Männer wie Kardinal Döpfner, die eine Bischofskonferenz hinter sich brachten und offensiv aufstellten, um die Pillenenzyklika zu entschärfen, gibt es im deutschen Episkopat derzeit nicht. Dabei wäre gerade jetzt Führung nötig.

Alle igeln sich ein oder ziehen sich auf schwammige Sprüche zurück, wie etwa der Ratzingerianer Reinhard Marx, den Politi der unverbindlichen Mitte zuordnet. Erst wenn sich eine klare Linie abzeichnet, werden die Opportunisten auf den Zug der Reformer aufspringen. Das ist Vor- und Nachteil zentralistischer Systeme mit passgenauen autoritären Charakteren. (Aus Sicht eines Organi-sationsberaters: Der Beraterspruch, von R. Marx aufgegriffen, „Treppen werden von oben gekehrt“, zeigt die passiv-leidenschaftslose Haltung der Diözesankurien und der Bischofskonferenz. Tatsächlich bewältigen erfolgreiche Organisationen den Wandel „bottom up“ und „top down“.)

Die Reformer-innen, besonders in Deutschland, das immer theologische Entwicklungen vorwegnimmt, dürfen nicht nur zuschauen, sondern müssen „Wirbel machen“. Reformen sind keine Selbstläufer. Politi zeigte auch die Grenzen Franziskus‘ auf. So wird es beim Frauenpriestertum keine Fortschritte geben. Bestimmte Dikasterien (= Ministerien) könnten aber von Frauen bzw. Ehepaaren geleitet werden.

Auch das Zölibatsgesetz könnte infrage gestellt werden. Bischof Kräutler, der unter Personenschutz stehende österreichstämmige brasilianische Bischof leitet eine Kommission, die verheiratete indigene Gemeindeleiter mit der Feier der Eucharistie für ihre jeweilige Gemeinde beauftragen will. Der Papst selbst hatte dazu aufgefordert, mutige und weitreichende Vorschläge zu machen, um den Priestermangel nicht nur mit Gebet und aufgeben der Peripherie – Gemeinden ohne regelmäßige Eucharistiefeier nicht nur in Südamerika – zu bewältigen, wie im vergangenen Jahrhundert.

In Summe eine nüchterne, sachliche Bestandsaufnahme eines kirchenpolitischen Beobachters. Der Moderator rief zum Schluss dazu auf, den Reformgruppen beizutreten und sich zu den Programmen der Kirchenreformer in den (Basis-) Gemeinden und unter Bischöfen zu bekennen. Die Reformgruppen können beispielsweise Themen und Referent-innen für Gemeinde- und Verbands-aktivitäten vor Ort anbieten. Die international vernetzten Reformgruppen beraten derzeit einen Aufruf an die Teilnehmer der Bischofssynode, den Reformkurs von Franziskus zu unterstützen. Erfahrungsgemäß wird das von der Weltpresse aufgegriffen.

Dr. Edgar Büttner, Organisationsberater, Sprecher der KirchenVolksbewegung München

Bad Aibling, 12.09.2015

 

Theologe Winkler für Aufhebung von Pflichtzölibat

Der Vatikan-Berater und designierte Dekan der Salzburger Theologischen Fakultät, Dietmar Winkler, plädiert in einem Interview für Änderungen bei den „heißen Eisen“ Zölibat, Geschiedene und Kirchenämter für Frauen.

Zu Diakoninnen geweihte Frauen könnten gemeinsam mit verheirateten Priestern „eine neue Dynamik in die katholische Kirche bringen“, meinte der renommierte Ostkirchenexperte Winkler am Dienstag in einem Interview mit den „Salzburger Nachrichten“ (SN).

Bei der Koppelung von Priesteramt und Ehelosigkeit gehe es um eine rein kirchenrechtliche und somit leicht änderbare Frage.

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