Kurzbericht zu dem Gespräch am 4.12.2024 im Münchner Ordinariat

Der Münchner Kreis hatte im Juni 2024 eine schriftliche Antwort von Kardinal Marx auf seine Petition vom Vorjahr bekommen. Der Kardinal verweist in seiner Antwort auf das neu gegründete Synodale Gremium und die hierfür im Ordinariat zuständigen Referenten Dr. Armin Wouters (Ordinariatsdirektor) und Dr. Florian Schuppe (Fachbereichsleiter im Ressort Grundsatzfragen und Strategie). An diese könnten wir uns wenden.

Dies taten wir dann auch und wir erhielten für den 4.12.2024 einen Gesprächstermin im Ordinariat bei Dr. Wouters und Dr. Schuppe.

Am Anfang gab es kurze Statements

– von Wolfgang Baldes zur kooperativen und partizipativen Pastoral als Voraussetzung für ernsthafte Synodalität

– von Ulrike Leininger zum Thema: Mündige Christen wählen ihre Verantwortlichen selbst

– von Dr. Franz Hauber zur Lage des kath. Religionsunterrichts an Gymnasien in Bayern

 

Von anderen Reformgruppen aus dem Münchner Netzwerk waren bei dem Gespräch dabei:

– Christian Weisner von Wir-sind-Kirche. Er sprach zu konkreten Veränderungsschritten u.a. auf Basis der Forderungen an die bayerischen Bischöfe (siehe unten)

– Renate Spannig von Maria 2.0. Sie sprach über Gerechtigkeit für Betroffene sexualisierter Gewalt und Angehen systemischer Ursachen

– Paul Ulbrich und Wilhelm Genal von der Gemeindeinitiative

– Elisabeth Stanggassinger, Gemeindereferentin

 

Aus dem Statement von Christian Weisner:

Die bayerischen Reformkräfte fordern jetzt nach Abschluss der Weltsynode in Rom von den Bischöfen der Freisinger Bischofskonferenz, die Reformen anzugehen, die bisher immer wieder aufgeschoben worden sind. Dazu gehören vor allem:

  • die Missbrauchsaufarbeitung konsequent weiterzuführen und wirklich angemessene Entschädigungen zu leisten,
  • das Kirchenvolk auf den jeweiligen Ebenen in alle wesentlichen Entscheidungen verantwortlich einzubinden,
  • pastorale Aufgaben wie Taufen, Eheassistenz, Predigten in Eucharistiefeiern usw. auch pastoralen Mitarbeitenden zu übertragen, wie dies bereits in anderen Diözesen geschieht, damit das kirchliche Leben nicht noch weiter ausblutet,
  • Lösungen für eine Sterbebegleitung mit Krankensalbung durch die Betreuenden zu ermöglichen,
  • wegen des Zölibats suspendierte Priester in die Pastoral zurückzurufen,
  • sich für den Frauendiakonat einzusetzen, wie dies bereits die Würzburger Synode (1971-1975) getan hat, und
  • insgesamt das diakonische Wirken der Kirche in der Nachfolge von Jesus von Nazareth in den Mittelpunkt zu rücken.

 

Mein persönlicher Eindruck von dem Gespräch:

Es war gut und richtig, dass wir die Anliegen der Reformgruppen im Ordinariat dargelegt haben. Bei Dr. Wouters und Dr. Schuppe war die Bereitschaft da, unsere Anliegen anzuhören. Sie nahmen keine Gegenpositionen dazu ein und widersprachen nicht unseren Anliegen und Bitten. Sie sagten, sie wollen unsere Darlegungen in die nächste Sitzung des Synodalen Gremiums mitnehmen. Sie selbst könnten keine Veränderungen beschließen, nur das Synodale Gremium (dieses suche nach zustimmungsfähigen Kompromissen) bzw. die Bischöfe und der Vatikan. Etliche unserer Anliegen würden eine Änderung im Kirchenrecht erfordern – und das sei ein langwieriger Weg. Auf meinen Einwand, dann werde es zu spät sein für Reformen, weil sich die enttäuschten Menschen längst von der Kirche abgewandt hätten, erhielt ich keine Antwort.

Mein Eindruck war, dass die beiden Herren zwar unsere vorgebrachten Argumente und die Datenlage zur Krise in unserer Kirche (Austrittszahlen, baldiges Ende der katholischen Volkskirche in Bayern) akzeptierten und hier keine andere Sicht vertraten als wir, sie uns aber keine Hoffnung gaben, dass es zu baldigen Änderungen oder Reformen kommen wird.

 

Ich möchte Realist sein. Darum muss ich davon ausgehen, dass sich der Niedergang der Kath. Kirche in Bayern und Deutschland fortsetzen wird. In den nächsten zwei Jahrzehnten wird die Zahl der Katholiken weiter stark sinken, die Gottesdienste kaum noch besucht werden, das Gemeindeleben stark zurückgehen, viele Kirchengebäude verkauft werden (den teuren Gebäudeunterhalt kann man sich bei dem geringen Besuch und den sinkenden Kirchensteuereinnahmen nicht mehr leisten) usw. Die Verantwortlichen in der Kirche verschließen einfach die Augen vor der Realität und packen echte Lösungen zu wenig an.

 

Aufgrund der Erfahrungen bei diesem Gespräch und bei vielen anderen nur mühsam vorankommenden Initiativen entsteht unweigerlich die Frage, ob sich Arbeitsaufwand und Einsatz für den Fortbestand der Kirche in Deutschland überhaupt noch lohnen und sinnvoll sind?

Ich möchte für mich diese Frage mit Ja beantworten. Ich glaube, dass es trotz der obigen Analyse sehr wichtig ist, dass es weiterhin kirchliche Reformgruppen gibt und ihre Stimmen in der Öffentlichkeit nicht verschwinden. Sie können das Ziel einer sich erneuernden Kirche in der Öffentlichkeit wachhalten und die Amtskirche fortwährend an notwendige Reformen erinnern.

Aufgeben kommt für mich nicht in Frage, denn eine Welt, in der nur Machtmenschen, Wirtschaftsbosse und Tech-Giganten das Sagen haben und die humanen (= christlichen) Werte keine Rolle mehr spielen, wäre für mich furchtbar. Ich möchte mich weiter in einer Gemeinschaft von Menschen guten Willens als Mitglied fühlen, die gemäß der Nächstenliebe leben und an einen Gott der Liebe glauben.

 

Noch eine Bitte: Die Teilnehmer an unseren zwei Mitgliedersitzungen im Jahr werden immer weniger. Darum würden wir uns sehr freuen, wenn wieder mehr Mitglieder die Zeit und Kraft finden würden zu kommen. Unser nächstes Treffen ist am 28.3.2025 um 15 Uhr im Pfarrsaal von St. Heinrich in München, Treffauerstraße, in der Nähe der Haltestelle der U6 ‚Westpark‘.

 

Dr. Franz Hauber