Ziele des Münchner Kreises – Wozu sagen wir Ja, wozu sagen wir Nein

Wir, die Priester und Diakone im “Münchner Kreis“, benennen – ein Jahr nach unserer Gründungserklärung – vier Ziele:

 

  • Wir wollen uns als Priester und Diakone unserer Erzdiözese und unserer Gesamtkirche solidarisieren, d.h. :
    • Vereinzelung und „Einzelkämpfertum“  überwinden;
    • unserer Verantwortung für den Weg des Volkes Gottes Stimme geben –  als Priester und Diakone;
    • einstehen füreinander, u.a. wenn von der Diözesanleitung Druck auf einzelne  ausgeübt wird;
    • uns vernetzen mit der Pfarrerinitiative Deutschland, auch mit den entsprechenden Initiativen     in Österreich  und der Schweiz  –  und weltweit (Vgl. die Erklärung vom Vernetzungstreffen Januar 2013: s. unsere Homepage www.initiative-muenchner-kreis.de)

 

  • Wir wollen zu einer wachen Öffentlichkeit in unserer Kirche beitragen

Unsere  Kirche ist in vielem durch Klerikalismus und erstarrte hierarchische Strukturen gelähmt.

Wir wollen das ändern durch den Einsatz für eine kritisch-solidarische  Öffentlichkeit   innerhalb  unserer Kirche  und  nach außen. Dazu gehört der Kontakt zu Presse und Fernsehen – als Ausdruck unseres Vertrauens in die Kraft des öffentlichen Diskurses.  Vor allem bemühen wir uns, dass die Reform-Themen auf der Tagesordnung bleiben und  nicht „vom Tisch gewischt werden“ – wie das in unserer Erzdiözese München und Freising beim „Zukunftsforum“ (2008-2010) mit den „Zeichen der  Zeit“ und den „61 Empfehlungen“ geschehen ist: ein wahrer Skandal!

 

  • Wir kämpfen für einen Dialog in unserer Erzdiözese und Kirche, der wirklich den  Namen Dialog verdient

Wir sehen die Gefahr, dass der Dialog zwischen Kirchenleitung und Basis dadurch verfällt, dass die Kirchenleitung die Basis „reden lässt“, dann aber die Entscheidungen (oder Nicht-Entscheidungen) ganz allein und für sich trifft. Da wir zudem die Erfahrung machen, dass nicht nur die Kirchenleitung , sondern auch wir, die Kleriker, oft an einen undialogischen Stil gewohnt sind und deshalb nicht selten um uns herum keinen Raum echter Kommunikation eröffnen, setzen wir uns ein – auch unter uns und bei uns selbst – :

    • für eine Haltung, die versucht, andere Positionen zu verstehen, die aber gleichzeitig transparent die eigene Position benennt und dies auch von den anderen erwartet, damit neue Ideen entstehen können und  ein fairer Prozess in Richtung „Lösung des Konflikts“ stattfindet;
    • eine Kultur der mutigen Bereitschaft zur Auseinander-setzung (gegebenenfalls auch zur Konfrontation),  um sich in guter Weise wieder zusammen-setzen  zu können;
    • für synodale Entscheidungsstrukturen – auf allen Ebenen;
    • für Abstimmungen mit Stimmrecht aller Beteiligten – bei wichtigen Entscheidungen z.B. unter der Maßgabe einer  2/3 Mehrheit , wie beim II. Vatikanischen Konzil und bei der Würzburger Synode.

 

  • Wir wollen nicht nur reagieren, sondern  als ‚Subjekte‘ von Kirche auch agieren, kreativ und erwachsen

Jeder bringt sich ein mit seinen Charismen und Ressourcen. Einige Möglichkeiten seien genannt: Engagement in Gemeinden und für Einzelne, Information von  und  gegebenenfalls auch Auseinandersetzung  mit kirchl. Gruppen und Gremien, Schreiben von Leserbriefen an Zeitungen, Interviews mit Medien, Herausgeben von Presseerklärungen zu aktuellen Themen, Veranstaltung von Themenabenden  und Tagungen, Hilfestellung für die konkrete Arbeit des MK…

Diese grundsätzlichen Ziele möchten wir konkretisieren – aus dem Geist des Evangeliums Jesu Christi und im Sinne einer von Papst Franziskus geforderten „samaritanischen Kirche“ (Lk 10, 25-42). Diese „Ja’s“ und  „Nein’s“  entsprechen weitgehend der Erklärung der österreichischen Pfarrerinitiative, mit der wir uns auf diese Weise solidarisieren.

Wir sagen Ja

  1. Wir werden in unseren Gottesdiensten – z.B. bei den Fürbitten – für die Reform unserer Kirche beten. Denn  die Zukunft von Glaube und Kirche liegt nicht nur in unseren Händen, sondern letzten Endes in Gottes Hand. Wir nehmen die Zusage des mitgehenden und „zu uns herabsteigenden“ Gottes der Bibel ernst (Ex 3,7.8./ Phil 2,6-8) und sind dessen gewiss: Vor Gott gilt Redefreiheit.
  2. Wir werden  Gläubigen grundsätzlich die Eucharistie nicht verweigern.
    Das gilt besonders auch für Geschieden-Wiederverheiratete und für Mitglieder anderer christlicher Kirchen.
  3. Wir werden  möglichst vermeiden, an Sonn- und Feiertagen mehrfach zu zelebrieren oder durchreisende und ortsfremde Priester einzusetzen.
    Besser ein von den Gemeinden selbst gestalteter Wortgottesdienst als Gottesdienste mit ständig wechselnden herbeitelefonierten fremden Priestern.
  4. Wir werden uns dafür einsetzen, dass sich unsere Gemeinden weiterhin als  „eucharistische Gemeinden“ verstehen und erleben können.
    d.h.: dass sie sich auf jeden Fall zur sonntäglichen Feier versammeln können, im Rahmen einer  Eucharistiefeier oder eines Wortgottesdienstes (mit oder ohne Kommunionfeier).
  5. Wir werden in unseren Gottesdiensten  kompetente „Laien“ predigen lassen.
    „Die Kirche kann niemanden mit Charismen beauftragen, sehr wohl aber die mit bestimmten Charismen Beschenkten mit bestimmten Ämtern und Diensten betrauen“ (Kardinal Marx, Nachwort und Perspektiven, Anmerkungen zu den 61 Empfehlungen , Januar 2012, S. 34). Wir setzen uns dafür ein, dass dies auch wirklich geschieht, auch im Blick auf die Predigterlaubnis für die, die das Charisma wie die Ausbildung dazu haben.
  6. Wir werden uns dafür einsetzen, dass jede Pfarrei eine eigene Leitung hat:
    einen Mann oder eine Frau, verheiratet oder unverheiratet, hauptberuflich oder nebenberuflich. Das soll  nicht durch Zusammenlegung von  Pfarreien möglich werden, sondern durch eine neue Vielfalt von Diensten bzw. von diesen Dienst Ausübenden.
  7. Wir werden deshalb jede Gelegenheit nützen, uns öffentlich für die Zulassung von Frauen  zum Amt der Diakonin und für die Zulassung von Frauen und Verheirateten zum  Priesteramt auszusprechen. Diese Zulassung soll auch für die gelten, die wegen einer Eheschließung ihr Amt nicht mehr ausüben dürfen.
  8. Wir werden in unserer Kirche für Einfachheit und Bescheidenheit eintreten,
    für eine Kirche im Dienst der Armen und Bedrängten. Wir hoffen, dass endlich durch das Angehen der  strukturellen Probleme unserer  Kirche der Blick wieder frei wird für die wirklich großen Probleme unserer Welt heute: Armut und Hunger auf der Welt, Flüchtlingselend und Probleme Asylsuchender, Fragen des Umgangs mit Sexualität und Gewalt, mit Patchwork-Familien und mit der Genderproblematik, die Bedrohung durch die Erwärmung des Weltklimas,  das Zusammenleben der Religionen, die Ökumene der Christen wie auch die Ökumene der Religionen und vor allem die Grundfrage: Wie heute von und mit Gott  und Jesus Christus sprechen, damit die alten Überlieferungen wieder Strahlkraft bekommen, damit „die Glut unter der Asche“ wieder spürbar wird.

Wir Priester und Diakone sagen Nein

  1. Wir sagen NEIN zur Überforderung, wenn man uns in einen mehrfachen Pflichterfüllungsstress drängt und wenn man unsere Dienste weit über das menschlich-normale Pensionsalter hinaus beansprucht.
  2. Wir sagen NEIN, wenn wir zusätzlich immer weitere Pfarreien bzw. Pfarrverbände übernehmen sollen, weil uns das zu reisenden Zelebranten und Sakramentsverwaltern macht und einer menschlich nahen Seelsorge entfremdet – und uns selbst emotional und spirituell austrocknet.
  3. Wir sagen NEIN zu immer mehr Eucharistiefeiern am Wochenende, weil so die vielen Dienste und Predigten zu oberflächlichem Ritual und routinierter Rede werden.
  4. Wir sagen NEIN zur Zusammenlegung oder Auflösung von Pfarreien, wenn sich keine Pfarrer mehr finden (im vollen Wissen, dass es auch andere Formen von Seelsorgezentren geben kann als Gemeinden). Denn in diesem Falle werden der Priestermangel und  – eigenartigerweise gleichzeitig! –  die Priesterzentrierung zu Gesetzgebern erhoben.
  5. Wir sagen NEIN, wenn ein in vielen Fällen ungerechtes und unbarmherziges Urteil gesprochen wird: über Geschiedene, die eine neue Ehe wagen (vgl.z.B. Mt 5,32/1Kor7,12-16), über gleichgeschlechtlich Liebende, die in Partnerschaft leben, über Priester, die am Zölibat „scheitern“ bzw. ihn ignorieren und deshalb eine Beziehung eingehen – und über die Vielen, die ihrem Gewissen mehr gehorchen als einem von Menschen gemachten Gesetz.
  6. Wir sagen Nein zu überkommenen, vielfältigen Privilegien des Klerus sowie zu jeder Form von Klerikalismus und „Zwei-Kasten-Gesellschaft“ in unserer Kirche.

Wir wissen uns von gut 900 Gläubigen und Gruppen unserer Erzdiözese namentlich unterstützt. Von ihnen haben sich mehrere Hundert in der „Gemeindeinitiative“ zusammengeschlossen (s. Homepage „www. gemeindeinitiative.org“). Mit ihnen arbeiten wir eng zusammen.

Und wir laden alle Priester und Diakone ein, denen es um die gleichen Ziele (s.oben) geht, uns zu unterstützen und sich dem „Münchner Kreis“anzuschließen.

München am 1.Adventsonntag, den 1.12.2013

Für den Münchner Kreis

die Sprecher

Diakon Willi Kuper      Diakon Stefan Schori     Pfr. Dr. Hans-Jörg Steichele      Pfr. Otto Wiegele