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Marco Politi: Franziskus unter Wölfen

 

Buchcover: Politi Franziskus unter Wölfen

 

 

Marco Politi: Franziskus unter Wölfen. Der Papst und seine Feinde
Lesung und Gespräch mit dem langjährigen Vatikankenner
Donnerstag, 10. September 2015
Ort: Aula der Hochschule für Philosophie
Veranstaltung von Wir sind Kirche im Erzbistum München und Freising, Konzil und Synode, Münchner Kreis, Gemeindeinitiative und  anderen

Die KirchenVolksbewegung Wir sind Kirche hat zusammen mit der Münchner Priesterinitiative, der Gemeinde-Initiative sowie „Konzil und Synode“, den Vaticanisti Marco Politi auf der Lesereise zu seinem neuen Buch „Franziskus unter Wölfen“ nach München geholt. Die Veranstaltung am Donnerstag, 10. September 2015, um 19 Uhr in der Aula der Hochschule für Philosophie, der „Jesuitenhochschule“ war mit 150 Teilnehmer-innen sehr gut besucht. Auch die Medien waren stark vertreten.

Politi hat die Päpste Wojtyla und Ratzinger in mehr als 80 Reisen um die Welt begleitet. Sein Interview mit Kardinal Joseph Ratzinger im November 2004, das den deutschen Kardinal als geheimen Papstkandidaten zeigte, fand international Widerhall. Das Buch „Benedikt-Krise eines Pontifikats” erschien in Deutschland im Jahr 2012. Februar 2013 erklärte Benedikt XVI. seinen Rücktritt. Keineswegs aus Altergründen, wie Politi betonte. Der Papst merkte selbst, dass er als oberster Krisenmanagers des weltweit größten Global Prayers gescheitert war. Der bayerische Dogmatikprofessor hätte niemals Bischof oder Papst einer Weltkirche werden dürfen.

Die Zuhörer wurden nicht enttäuscht. Politi klärte kenntnis- und faktenreich über die inner- und außer-kirchlichen Gegner und Feinde des gegenwärtigen Pontifex auf. Unter ihnen finden sich auch Kardinäle, etwa der US-Amerikaner Burke und die Deutschen Müller und Brandmüller. Die hochrangigen Traditionalisten geben sich nach außen besorgt. Sie wollen angeblich nur, dass der Papst keine Fehler begeht. In Wirklichkeit warten sie ab und hoffen auf das Scheitern des Reformers Franziskus nach dem Motto: „Die Päpste kommen und gehen, die Kurie bleibt.“ Müller will dem Papst Nachhilfeunterricht in Dogmatik erteilen, ihn „theologisch strukturieren“.

Politi zog Vergleiche mit Johannes XXIII. Er hält die Reformen für unumkehrbar, wenn es im kommenden Jahr gelingt, die Kurien zu dezentralisieren und in einen Dienstleister zu verwandeln. Die Chancen dafür stehen nicht so schlecht. Franziskus geht in kleinen Schritten vor. Er denkt und handelt prozesshaft. Als Jesuit hat er die offene Diskussion gelernt. Er geht ein kalkulierbares Risiko ein. Die Bischöfe sind unter den Vorgängern auf strikten Gehorsam und einlinige Treue gegenüber „Rom“ mit sakralen Eiden in den Punkten Sexuallehre und theologischer Pluralismus eingeschworen worden. Die meisten Diözesankurien vermeiden es im Vorfeld der Bischofssynode neue Positionen zu beziehen und den Papst mitsamt den Reformkräften kämpferisch zu unterstützen. Damit überlassen sie das öffentliche Spielfeld den reaktionären Kräften. Männer wie Kardinal Döpfner, die eine Bischofskonferenz hinter sich brachten und offensiv aufstellten, um die Pillenenzyklika zu entschärfen, gibt es im deutschen Episkopat derzeit nicht. Dabei wäre gerade jetzt Führung nötig.

Alle igeln sich ein oder ziehen sich auf schwammige Sprüche zurück, wie etwa der Ratzingerianer Reinhard Marx, den Politi der unverbindlichen Mitte zuordnet. Erst wenn sich eine klare Linie abzeichnet, werden die Opportunisten auf den Zug der Reformer aufspringen. Das ist Vor- und Nachteil zentralistischer Systeme mit passgenauen autoritären Charakteren. (Aus Sicht eines Organi-sationsberaters: Der Beraterspruch, von R. Marx aufgegriffen, „Treppen werden von oben gekehrt“, zeigt die passiv-leidenschaftslose Haltung der Diözesankurien und der Bischofskonferenz. Tatsächlich bewältigen erfolgreiche Organisationen den Wandel „bottom up“ und „top down“.)

Die Reformer-innen, besonders in Deutschland, das immer theologische Entwicklungen vorwegnimmt, dürfen nicht nur zuschauen, sondern müssen „Wirbel machen“. Reformen sind keine Selbstläufer. Politi zeigte auch die Grenzen Franziskus‘ auf. So wird es beim Frauenpriestertum keine Fortschritte geben. Bestimmte Dikasterien (= Ministerien) könnten aber von Frauen bzw. Ehepaaren geleitet werden.

Auch das Zölibatsgesetz könnte infrage gestellt werden. Bischof Kräutler, der unter Personenschutz stehende österreichstämmige brasilianische Bischof leitet eine Kommission, die verheiratete indigene Gemeindeleiter mit der Feier der Eucharistie für ihre jeweilige Gemeinde beauftragen will. Der Papst selbst hatte dazu aufgefordert, mutige und weitreichende Vorschläge zu machen, um den Priestermangel nicht nur mit Gebet und aufgeben der Peripherie – Gemeinden ohne regelmäßige Eucharistiefeier nicht nur in Südamerika – zu bewältigen, wie im vergangenen Jahrhundert.

In Summe eine nüchterne, sachliche Bestandsaufnahme eines kirchenpolitischen Beobachters. Der Moderator rief zum Schluss dazu auf, den Reformgruppen beizutreten und sich zu den Programmen der Kirchenreformer in den (Basis-) Gemeinden und unter Bischöfen zu bekennen. Die Reformgruppen können beispielsweise Themen und Referent-innen für Gemeinde- und Verbands-aktivitäten vor Ort anbieten. Die international vernetzten Reformgruppen beraten derzeit einen Aufruf an die Teilnehmer der Bischofssynode, den Reformkurs von Franziskus zu unterstützen. Erfahrungsgemäß wird das von der Weltpresse aufgegriffen.

Dr. Edgar Büttner, Organisationsberater, Sprecher der KirchenVolksbewegung München

Bad Aibling, 12.09.2015

 

Offener Brief an Papst Franziskus

Wien/Limerick, Mai 2015
Offener Brief an Papst Franziskus

PAPST FRANZISKUS, SIE BRAUCHEN LEBENDIGE GEMEINDEN UND DIE GEMEINDEN BRAUCHEN SIE!
Papst Franziskus, Ihre Vision von Kirche bewegt uns: eine Kirche in der Spur und im Geist Jesu nahe bei den Menschen, ihnen in Respekt und Offenheit verbunden, auf Augenhöhe, als echte Weggefährtin – zugewandt gerade jenen, die am Rand stehen und besonderer Solidarität bedürfen. Statt Gräben zu vertiefen, führen Sie zusammen. Statt zu urteilen, suchen Sie zu verstehen. Statt Türen zu schließen, öffnen Sie Herzen. Hier wird die Urform von Kirche, wie Jesus sie uns vorgelebt hat, endlich wieder spürbar.
Unzählige Menschen überall auf der Welt jubeln Ihnen zu, denn sie teilen diese Vision – so sehr im Geiste des Zweiten Vatikanischen Konzils. Mehr noch: Sie leben sie, so gut es geht. Ihre Heimat sind die Gemeinden vor Ort, an der Kirchenbasis. Hier, im Alltag der Menschen findet Kirche statt, wird sie lebendig oder auch nicht. Hier, und nur hier, erfährt Kirche tagtäglich ihren Daseinsgrund.
Papst Franziskus, Sie brauchen die Gemeinden, damit Ihre Vision von Kirche lebt. Ohne aktive Gemeinden fehlt Ihrer Vision das Fundament und die notwendige Kraft, Widerstände zu überwinden. Unsere Gemeinden sind die Zukunft der Kirche Jesu. Doch genau diese Gemeinden sind in ihrer Zukunft massiv bedroht.
Unsere Bischöfe begegnen dem Priestermangel überall auf der Welt immer öfter mit der Zusammenlegung aktiver und lebendiger Pfarrgemeinden zu anonymen und unüberschaubaren Großstrukturen. Fusionieren scheint das Rezept der Stunde. Doch in den neuen Pfarr-Großverbänden geht der persönliche Kontakt zu den Menschen verloren. Die Sakramente und der Priester entfernen sich immer weiter vom Alltag der KirchenbürgerInnen. Und wo die Quelle von Gemeinschaft, die Eucharistiefeier, immer seltener gefeiert wird, bleibt die communio bald auf der Strecke. Derweil sind Priester, statt mit Seelsorge, mit Koordination und Verwaltung beschäftigt, sollen überall sein und sind dabei selbst nirgends mehr zu Hause. In solchen Gemeinden weht nicht der lebendige Atem Jesu, sondern herrscht Verunsicherung und eine begründete Angst vor Heimatverlust. Hier ist die Kirche nicht mehr nah bei den Menschen, sondern entfernt sich wissentlich von ihrer Basis.
Wir, besorgte Priester und Diakone, Seelsorgerinnen und engagierte Kirchen-bürgerinnen und Kirchenbürger in den Gemeinden dieser Welt, sind nicht länger bereit, diesen Weg mitzugehen. Gemeinsam suchen wir nach neuen Wegen für eine Zukunft unserer Kirche mit lebendigen Gemeinden; mit Gemeinden, die jeden einladen – ohne Ausnahme. Und solche Wege gibt es! Längst wird in vielen Gemeinden vorgelebt, wie es anders gehen kann.
Es sind Frauen und Männer, Ehepaare, Geschiedene und Wiederverheiratete, Homosexuelle und Heterosexuelle, Junge und Alte, die im Mittelpunkt Stehenden und die an den Rand Gedrängten – es sind engagierte Menschen, die dem Zusammenlegen ihrer Gemeinden zu immer größeren Einheiten Einhalt gebieten wollen. Sie helfen durch persönlichen Einsatz, kraft ihrer Tauf-Berufung, die Priester in ihren wachsenden Aufgaben zu entlasten, um den Dienst der Gemeinde an den Menschen lebendig zu erhalten. Dort, wo es keinen Priester vor Ort mehr gibt, entwickeln sie kreative Lösungen, um den Zusammenhalt und die alltägliche Leitung ihrer Gemeinde zu sichern. Dabei sind vielfach Strukturen und Modelle entstanden, die tragen und von denen wir für die Zukunft lernen können. Noch gibt es viel Bereitschaft an der Basis, für eine erneuerte Kirche im Geiste Jesu zu kämpfen.
Papst Franziskus, wir – Priester und Diakone, SeelsorgerInnen, Kirchenbürgerinnen und Kirchenbürger – brauchen Sie! Wir appellieren an Sie, den Weg freizumachen für neue Wege und Formen des Gemeindelebens und deren Leitung: Öffnen wir das priesterliche Leitungsamt für alle, die dazu begabt sind! Entwickeln wir neue Leitungsmodelle, die Menschen aus den Gemeinden entsprechend ihrer Charismen beteiligen! Etablieren wir eine neue Kultur der Mitverantwortung und Mitentscheidung in allen Strukturen unserer Kirche! Erinnern wir uns daran, wie Jesus Gemeinde verstanden und gelebt hat! Der Geist Gottes drängt uns. Packen wir es mutig miteinander an!
Papst Franziskus, Sie brauchen lebendige Gemeinden, um Ihre Vision von Kirche mit Leben zu füllen. Und die Gemeinden brauchen Sie. Wir – die Priester, Diakone, Seelsorgerinnen und Seelsorger und viele engagierte Kirchenbürgerinnen und Kirchenbürger in den Gemeinden weltweit – stehen bereit, unsere Erfahrungen und Ideen einzubringen und Sie und die Bischöfe bei der Verwirklichung Ihrer Vision an der Basis tatkräftig zu unterstützen.

Gezeichnet:
AUSTRIA
Pfarrer-Initiative Österreich
Pfr. Helmut Schüller, Sprecher

Wir sind Kirche Österreich
Dr. Martha Heizer, Vorsitzende

AUSTRALIEN
Australian Catholic Coalition for Church Renewal
Marilyn Hatton, Convenor

Catholics for Ministry
Paul Collins, Convenor

Catholics for Renewal
Peter Johnstone, President
Cyber Christian Community
Helen Oxenburgh-Lowe, Convenor

Women and the Australian Church
Bernice Moore, Convenor

DEUTSCHLAND
Deutsche Pfarrer-Initiative
Pfr. Christian Ammersbach, Sprecher

Wir sind Kirche Deutschland
Christian Weisner, Bundesteam

ENGLAND
ACTA – A Call to Action
Eileen Fitzpatrick, Chair
Jean Riordan, Delegate

INDIEN
Fr. Shaji George Kochuthara
Moral Theologian and Priest, Carmelites of Mary Immaculate

Satyashodhak, Mumbai
Dr. Astrid Lobo Gajiwala, Co-ordinator

IRLAND
Assocation of Catholic Priests (ACP)
Fr. Brendan Hoban and Fr. Seán McDonagh, Leadership Team
Fr. Tony Flannery, Host of Limerick Conference 2015

Association of Catholics in Ireland (ACI)
Noel McCann, Steering Group Chair
Dr. Patricia Fitzsimons, Steering Group Member

We are Church Ireland
Brendan Butler, joint Co-Ordinator

Seeds of Hope
Kathleen McDonnell, Rita O’Brien, Margaret Lee,
Core Group Members

ITALIEN
Noi Siamo Chiesa Italia
Vittorio Bellavite, Spokesman
Fr. Carmine Miccoli, Priest

SLOVAKEI
ok21 – Society for Open Christianity for the 21st Century
Peter Križan, Chairman

SCHWEIZ
Pfarrei-Initiative Schweiz
Dr. Markus Heil, Diakon, Präsident
Susanne A. Birke, Vorstand

USA
National Coalition of American Nuns
Sr. Jeannine Gramick S.L., National Coordinator

New Ways Ministry
Francis DeBernardo, Executive Director

FutureChurch
Deborah Rose-Milavec, Executive Director

Women’s Ordination Conference
Kate McElwee, Co-Executive Director

INTERNATIONAL
International Movement We are Church (IMWAC)
Sigrid Grabmeier, Chair

 

Umfrage nach der Umfrage

München
Umfrage nach der  Umfrage

Auch nachdem die  Umfrage des Vatikan über das Sexual- und Familienbild der katholischen Kirche zumindest im Erzbistum München und Freising beendet ist, können Gläubige weiterhin ihre Meinung äußern: Die Reformgruppen „Gemeindeinitiative“ und „Wir sind Kirche“ haben unter www.gemeindeinitiative.org/umfrage einen eigenen Katalog mit zehn Fragen veröffentlicht. Anders als die Original-Vorlagen spricht der Fragebogen lediglich Themen an, die einzelne Kirchenmitglieder bewegen, ist in möglichst klarer Sprache gehalten und bietet Antwortmöglichkeiten nach dem Multiple-Choice-Prinzip.

Den ganzen Bericht von Jakob Wetzel lesen sie auf den Seiten von Wir sind Kirche